Tipp des Monats - 04/2022

Autarker Betrieb der Photovoltaik-Anlage auch bei Netzausfall?

Photovoltaik-Anlagen erfreuen sich steigender Nachfrage. Zum einen werden sie finanziell gefördert und zum anderen erhöhen Sie den Autarkiegrad – ein großer Vorteil in Zeiten von steigenden Strompreisen.

Was aber, wenn die öffentliche Stromversorgung ausfällt – ist dann die eigene PV-Anlage weiter betriebsbereit? Erfahren Sie mehr dazu im aktuellen Tipp des Monats.

Hohe Versorgungsqualität

Zunächst vorweg: In Deutschland haben wir eine hohe Versorgungsqualität in vielerlei Hinsicht und das gilt auch für die elektrische Energieversorgung. Gemäß offiziellen Kennzahlen der Bundesnetzagentur betrug die elektrische Versorgungsunterbrechung in Deutschland 10,73 Minuten im Jahr 2020 bzw. 13,62 Minuten pro Jahr in den letzten 10 Jahren.

Dabei sind das die durchschnittlichen Zahlen– einzelne Teilnehmer waren intensiver betroffen. So sind auf der Webseite der angegebenen Quelle alle Ausfälle im Detail aufgeführt mit z.B. fünf ungeplanten Ausfällen von mehr als einer Woche Dauer. Deshalb sind die Zahlen im Durchschnitt sehr gut aber für den einen oder anderen betroffenen Teilnehmer beeinträchtigend.

Betrieb der PV-Anlage „netzgeführt“ oder „inselfähig“?

Für Besitzer einer Photovoltaik Anlage stellt sich die Frage, ob die eigene PV-Anlage helfen kann, den Zeitraum eines Ausfalls zu überbrücken. Immerhin lassen sich ohne Strom weder motorbetriebene Rollläden hochfahren noch Öl-Brenner, geschweige denn Wärmepumpe betreiben. Deshalb ist es wichtig zu wissen, dass die meisten Wechselrichter „netzgeführt“ sind – d.h. das elektrische Versorgungsnetz muss quasi als Pulsschlag vorhanden sein. Im Fall eines Ausfalls der externen Versorgung liefert auch die hauseigene PV-Anlage keinen Strom. Anders würde es sich verhalten, wenn der Wechselrichter „inselfähig“ wäre. Dann wäre ein Betrieb auch bei Ausfall des externen Netzes gegeben.

Bei Neu-Installationen muss jeder selber entscheiden, ob diese zusätzliche Funktionalität von Bedeutung ist. Immerhin ist ein inselfähiger Wechselrichter hochpreisiger und bei derzeit extrem langen Lieferzeiten ist die Auswahl sehr eingeschränkt. Daher ist es ratsam, bei Angeboten nach der Zusatzoption „Inselfähigkeit“ zu fragen, um dann nach Kenntnis von Mehrkosten und Lieferzeiten eine individuelle Entscheidung zu treffen.

Bei Bestands-Installation ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Wechselrichter netzgeführt ist, denn das sind die üblichen Ausführungen. Sofern gewünscht, lässt sich dieser gegen einen inselfähigen Wechselrichter austauschen. Dazu müssen lediglich die wesentlichen Kenndaten wie Leistung und Stranganschlüsse beachtet werden.

Ebenso muss geklärt werden, was passieren soll, wenn ein Netzausfall erkannt wird. D.h. sollen womöglich einige Verbraucher- oder Stromkreise im Gebäude abgeschaltet werden, um den Verbrauch an die „Notsituation“ anzupassen? Wenn das gewünscht ist, sollte der Wechselrichter kommunikationsfähig sein. Idealerweise sind das ein Ethernet-Anschluss sowie entsprechendes Kommunikations-Protokoll, über das nicht nur der Ausfall, sondern auch der Batteriestatus gemeldet werden kann. Im Mindestfall sollte der Wechselrichter einen binären Signalausgang haben, über den zumindest der Eintritt der Notsituation gemeldet werden kann. In Summe sollte darauf geachtet werden, dass der Wechselrichter mit z.B. der Gebäudeautomation kommunizieren kann, damit diese gemäß einer vorher festzulegenden Priorität einzelne Verbraucher abschaltet.

Keine Inselanlage ohne Batteriespeicher

Sofern man sich für das Konzept einer „Inselfähigkeit“ entscheidet, erfordert das einen Batteriespeicher. Denn ohne diesen ist ein Inselbetrieb nicht bzw. nicht sinnvoll möglich. In dieser Beziehung stellt sich die Frage, wie groß dieser dimensioniert werden sollte.

Zum einen bemisst sich eine sinnvolle Größe am individuellen Energiebedarf während der „Notsituation“ unter Berücksichtigung einer maximalen Überbrückungszeit (d.h. Dauer einer womöglich eingeschränkten PV-Ertragslage aufgrund von schlechtem Wetter).

Auf der anderen Seite wird diese Notsituation wohl selten oder womöglich nie eintreten. Deshalb erscheint es sinnvoller, die Größe des PV-Speichers so auszulegen, dass auch zu normalen Versorgungszeiten eine möglichst hohe Autarkie gegeben ist. Denn in diesem Fall profitiert man durchgehend von geringeren Stromrechnungen. In dieser Beziehung verweisen wir auf unseren „Tipp des Monats“ vom Februar 2018, in dem wir eine Bachelor-Arbeit vorgestellt haben, die genau dieser Aufgabenstellung nachging.

Zum „Tipp des Monats 02/18“ weiterleiten

Fazit

Normale PV-Anlagen sind nicht inselfähig – d.h. liefern bei Ausfall des öffentlichen Versorgungsnetzes keine Energie. Im Detail liegt dies am Wechselrichter, der „inselfähig“ sein müsste. Wem diese Eigenschaft wichtig ist, sollte beim Kauf einer PV-Anlage auf diese Eigenschaft achten oder im Notfall Bestandsanlagen umrüsten.


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