Seit dem 01. Januar 2014 gilt bereits: Kein Energieausweis ohne Berücksichtigung der Gebäudeautomation. So lauten zumindest die gesetzlichen Vorschriften in Form der EnEV 2014 bzw. deren Verschärfung zum 01.01.2016. In der Praxis tun sich allerdings die Hersteller von Berechnungssoftware schwer, die Fragen der Gebäudeautomation vollständig zu berücksichtigen.
Im Rahmen einer aktualisierten Studie wurde an der Hochschule Rosenheim erneut untersucht, welche Berechnungsprogramme die Fragen der Gebäudeautomation umgesetzt haben und wie groß die Auswirkungen auf den Energieausweis sind. Fazit: Sechs Softwareprogramme sind bereits so weit. Dabei beträgt der mittlere Einfluss der Gebäudeautomation auf den Jahresprimärenergiebedarf im Durchschnitt 13,4 %.
Papier ist geduldig und das gilt manchmal auch für Gesetze. Auch wenn seit der EnEV 2014 vorgegeben ist, dass der Automationsgrad eines Gebäudes beim Berechnen des Energieausweises zu berücksichtigen ist, sehen das manche Hersteller von entsprechenden Berechnungsprogrammen gelassen. Einige Hersteller begründen das damit, dass dazu noch keine konkreten Kundenanfragen vorliegen. Andere damit, dass mit der Einführung der EnEV 2014 eine Vielzahl von Änderungen umzusetzen sind und der Einfluss der Automation mit geringer Priorität eingestuft und deshalb erst später angegangen wird. Einige andere haben allerdings erkannt, dass zur korrekten Berechnung des Energieausweises die Fragen zum Automationsgrad erforderlich sind und zudem eine deutliche Auswirkung haben.
Im Rahmen einer Studie („Betrachtung der Auswirkung des Gebäudeautomationsgrades auf den Jahres-Primärenergiebedarf bei Nicht-Wohngebäuden nach EnEV 2014“ -Anforderungen gemäß EnEV 2016- mit Untersuchung der Umsetzung der DIN 18599 in gängigen energetischen Berechnungstools für Gebäude, Albert Krutzenbichler, Februar 2019) wurden die Hersteller von Berechnungsprogrammen kontaktiert und in Bezug auf die Umsetzung der Aspekte der Automation (konkret: der Fragen der DIN V 18599-11) gefragt.
Dort, wo die Fragen gemäß Herstellerangaben umgesetzt wurden, wurde mit Hilfe der jeweiligen Software und den Daten eines echten Gebäudes der mögliche Umsetzungsgrad geprüft und der Einfluss auf den Jahresprimärenergiebedarf – d.h. dem relevanten Wert für den Energieausweis – ermittelt. Diese Studie war eine Aktualisierung einer bereits im März 2016 durchgeführten Studie. Im Vergleich dazu, hat sich die Berücksichtigung der Gebäudeautomation etwas – aber leider nur leicht – erhöht.
In Summe hat sich erneut gezeigt, dass ein Großteil der Hersteller von Energieausweis-Berechnungsprogrammen die Fragen der DIN V 18599-11 nicht oder nicht nachweisbar berücksichtigt. Lediglich sechs Programme haben zwischen 43% und 65% der Fragen der Fragen der DIN V 18599-11 abgefragt.
Im Detail wurden die in der DIN V 18599-11 relevanten Fragen zur Automation als Grundlage genommen und in den sechs Softwareprogrammen untersucht, ob diese Fragen durch die Software gestellt wurden. Dabei wurde unterschieden, ob die entsprechenden Fragen gar nicht gestellt wurden oder ob man zur Beantwortung eine Auswahl treffen bzw. eine direkte Eingabe tätigen konnte. Tabelle 1 zeigt die Auswertung der Untersuchung:
Programm-Name | Hersteller | Umsetzungsgrad der Fragen der DIN V 18599-11 |
BKI Energieplaner 18 | BKI Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH | Ca. 62 % |
DÄMMWERK Bauphysik- und EnEV-Software (Modul 7) | KERN Ingenieurkonzepte | Ca. 43 % |
Energieberater 18599 3D Plus | Hottgenroth Software GmbH & Co. KG | Ca. 64 % |
EVEBI | ENVISYS GmbH & Co. KG | Ca. 69 % |
IBP 18599 | Heilmann Software IT GmbH | Ca. 49 % |
ZUB HELENA | Zentrum für Umweltbewusstes Bauen | Ca. 64 % |
Tabelle 1
In Tabelle 2 und Tabelle 3 sind die zur Zusammenfassung verwendeten Details ersichtlich:
Im Energieausweis wird der Jahres-Primärenergiebedarf als wichtigste Größe ausgewiesen. Dieser bestimmt auch die Position des „Pfeils“ auf der Farbskala von rot bis grün. Wie groß sind nun die Auswirkungen der Fragen der Automation auf diesen Wert bzw. die Position des Pfeils?
Um diese Frage zu beantworten, wurde eine reale Kindertagesstätte (d.h. ein „Nichtwohngebäude“) mit entsprechender Anlagentechnik erfasst und jeweils mit unterschiedlichen Automationsvarianten in die Softwareprogramme eingegeben.
Im Vergleich zur GA-Effizienzklasse C führt eine Automation gemäß GA-Effizienzklasse B zu einer Verbesserung des Jahresprimärenergiebedarfs von durchschnittlich 5,1 % (im Detail schwankten die Ergebnisse der Berechnungsprogramme zwischen 1,9 % und 8,5 %). Beim Vergleich der Automationsausstattungen von GA-Effizienzklasse D und GA-Effizienzklasse A ergab sich eine Verbesserung um durchschnittlich 13,4 % (im Detail schwankten die Ergebnisse zwischen 9,7 % und 16,3 %). Die Ergebnisse sind unterschiedlich, weil in den Programmen nicht alle Fragen zur Automation, sondern nur ein individueller Teil berücksichtigt wurden (siehe Tabelle 1).
Im thermischen Umfeld hatte dabei die Raumtemperatur-Einzelraumregelung den größten Einfluss auf das Endergebnis. Der Einfluss dieser Automationsfunktion war deutlich größer als z.B. die Temperaturregelung im Vorlauf oder die Betriebsarte von Pumpen.
Im elektrischen Umfeld hatte die Beleuchtungsregelung den größten Anteil – insbesondere in Kombination mit einer Präsenzsteuerung (z.B. Präsenzmelder). Der Einfluss der Verschattungssteuerung war hingegen relativ gering.
Hinweis: Zu diesen Aussagen muss verstanden werden, dass es hier nur darum ging, welchen Einfluss die Automation auf die Werte des Energieausweises hat. Wen es primär interessiert, welchen Einfluss die Automation auf die Jahresbetriebskosten hat, sei auf die EN 15232 bzw. die Hilfsmittel unter www.igt-institut.de/tool-gebaeude-iq/ verwiesen.
Die EN 15232 ist vollständiger und somit besser geeignet, den wahren Einfluss der Automation auf die Betriebskosten zu ermitteln. Bei der Überführung der EN 15232 in die DIN V 18599 wurde nur ein Teil übernommen und insbesondere durch die nur teilweise Berücksichtigung der DIN V 18599 in den Berechnungsprogrammen ging ein weiter Teil verloren. In Summe ist es dennoch erfreulich, dass die Automation trotzdem einen deutlichen Einfluss auf die Werte des Energieausweises hat!
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