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Vergleich der Funkprotokolle im Umfeld von „Smart Buildings“
Im Oktober 2020 hatten wir über unsere „Vergleichsstudie zu Smart Building Funkprotokollen“ berichtet. Inzwischen haben sich ein paar wenige Aktualisierungen ergeben, sodass wir diese Studie angepasst haben.
Im Grunde haben sich dabei „nur“ die Ergebnisse von zwei Protokollen verändert – im Detail LoRa und Thread. Dies erscheint uns wichtig genug, die Aktualisierung zu kommunizieren.
Im Umfeld der Raumautomation kommen zunehmend funkbasierte Übertragungsprotokolle zum Einsatz. Dabei steht eine Vielzahl an Protokollen zur Auswahl und es drängt sich die Frage nach einem Eignungsvergleich auf. D.h. wie gut oder schlecht ist ein Funkprotokoll im Vergleich zu den anderen?
Anwendungsfälle (use cases) in modernen Gebäuden
Dabei ist es für den Vergleich ausgesprochen wichtig, die Anwendungsfälle vorab zu klären, welche für die funkbasierten Protokolle eingesetzt werden. Nur so lassen sich die Anforderungen festschreiben, gegen die die Eigenschaften der Protokolle verglichen werden.
Grundlage für die Eignungsbewertung von funkbasierten Übertragungsprotokollen sind die abzudeckenden Anwendungsfälle (use cases). Denn erst, wenn man festlegt, was zu automatisieren ist, kann bewertet werden, wie angemessen oder nicht die möglichen Protokolle sind.
Im Bereich der klassischen Raum- und Anlagenautomation sind das u.a. die Folgenden:
Die Raumtemperatur wird raumindividuell unter Berücksichtigung von Präsenz sowie Fensterzuständen geregelt.
Die Lüftung und Kühlung wird raumindividuell unter Berücksichtigung von Lufttemperatur, Luftqualität (CO2 und/oder VOC) und Luftfeuchte geregelt.
Die Beleuchtung wird raumindividuell gedimmt. Taster zur Bedienung steuern je nach Bedarf einzelne Leuchten oder komplette Lichtszenen für mehrere Leuchten. Zusätzlich kann für die Beleuchtungsstärke die Präsenz bzw. die vorhandene Tageslichthelligkeit berücksichtigt werden.
Die Rollläden/Jalousien fahren in Abhängigkeit der Raumtemperatur (sommerlicher Wärmeschutz).
Die Position von Tastern für die Beleuchtung und Verschattung ist ortsveränderlich, um diese bei Veränderungen von z.B. Trennwänden oder Möbeln entsprechend anpassen zu können. Zudem sind einige Taster auch als Handsender verfügbar.
Die Wärmeversorgung der Heizkreise bzw. Kälteversorgung der Kältekreise erfolgt bedarfsabhängig und unter Berücksichtigung zukünftiger Lasten (inklusive Aspekte für Vorlauftemperaturen und Drehzahlregelungen der Pumpen).
Bei mehreren Wärme- bzw. Kälteerzeugern werden diese gemäß einer lastorientierten Prioritätensteuerung betrieben.
In Bezug auf die Wärmerückgewinnung bei Lüftungsanlagen werden Vereisungen und Überhitzungen erkannt bzw. vermieden.
Fehlermeldungen, Betriebsstunden und Energieverbräuche werden protokolliert und ausgewertet.
Mehrwertdienste
In Bezug auf weitere Mehrwertdienste entwickeln sich derzeit Anwendungsfälle wie u.a.:
Sowohl Besprechungsräume als auch Arbeitsplätze in Großraumbüros können per Smartphone dynamisch gebucht und wieder freigegeben werden. Dabei kann ein vorzeitiges Ende von Besprechungen bzw. Nichtbelegungen von Arbeitsplätzen erkannt werden, welches wiederum zu einer entsprechenden Freigabe führt.
Sensoren zur Erkennung der Anwesenheit von Personen ermöglichen Nutzungsanalysen von Besprechungsräumen, Erkennung von Ressourcenauslastung/Nutzung, dem Aufzeichnen von No-shows in Besprechungsräumen, der Verwaltung von Raumauslastungen sowie der Verwaltung von z.B. Catering- Dienste.
Durch die Analyse von Auslastungsmustern können Mitarbeitern bestimmte Arbeitsplätze zugewiesen werden. Die ungenutzten Gebäudebereiche können anschließend in einen Energiesparmodus versetzt werden. Kosten für Heizung, Kühlung und Elektrizität werden dadurch verringert.
Die Belegung im Gebäude kann graphisch über „Heat Maps“ oder „Moving Trails“ angezeigt werden. So kann ermittelt werden, wie viele Personen sich wo aufhalten. Das Verständnis dazu hilft bei der Flächenplanung (z.B. Raumgrößen, Position von Besprechungszonen etc.).
Mitarbeiter und Gäste können durch das Gebäude navigiert werden. Das kann genutzt werden, um schneller zu einem gewünschten Besprechungsraum etc. zu finden, was bei wechselnden Standorten hilfreich ist.
Die Kantinenauslastung (d.h. voraussichtliche Wartezeit bei der Essensausgabe) wird erfasst und kann vom Arbeitsplatz aus eingesehen werden.
Die Nutzungsintensität von Toiletten wird erfasst, um die Reinigungsintervalle anzupassen.
Aufzüge, Kaffeemaschinen etc. melden Ihre Nutzungsdaten bzw. Betriebszustände, um Serviceintervalle anzupassen.
Sensordaten in der Gebäudetechnik (wie Pumpen, Kehrmaschinen, Heizungsanlagen und Aufzüge) überwachen das Verhalten und melden Unregelmäßigkeiten. Dadurch wird die Genauigkeit bei der Fehlersuche verbessert und Störungswahrscheinlichkeiten können vorhergesagt werden.
Entscheidungskriterien für die Eignungsbeurteilung von funkbasierten Übertragungsprotokollen
Auf Basis der aufgeführten Anwendungsfälle lassen sich Kriterien für die funkbasierten Übertragungsprotokolle ableiten. Im Folgenden wird verwendet:
Eignung des Frequenzbandes (K.O. – Kriterium): Auf Basis der Anwendungsfälle ergibt sich die Forderung nach kleinen Datenpaketen (10 bis 100 Bytes), Latenzzeiten im Bereich von 0,1 Sekunde bis 1 Sekunde und anwendungstypisch erforderlichen Reichweiten (ca. 10 m bis 100 m). Dabei ist die Eignung des Frequenzbandes ein K.O.-Kriterium – denn wenn bereits die grundlegenden Übertragungskriterien nicht oder nur eingeschränkt erfüllt werden, kann sich für die ganzzeitliche Bewertung eines Übertragungsprotokolls kein positiveres Gesamtbild ergeben.
Herstellerabhängigkeit: Im Interesse des Nutzers sollte möglichst keine Herstellerabhängigkeit gegeben sein. Somit sollte das Übertragungsprotokoll standardisiert sein und Produkte/Komponenten von unterschiedlichen Herstellern interoperabel sein.
Infrastruktur: Idealerweise muss keine eigene Infrastruktur aufgebaut werden. Das ist dann der Fall, wenn die Übertragungs-Reichweite des Funksignals sehr hoch ist. Diese Variante hat insbesondere dann Vorteile, wenn eine geringe Dichte an Sensoren installiert wird. Im Gegenzug muss eine Infrastruktur wie z.B. kabelseitig vernetzte Antennen bzw. Gateways aufgebaut oder die Bildung von vermaschter Kommunikation unterstützt werden.
Integrationsfähigkeit: Idealerweise ist eine breite Unterstützung des Protokolls von marktüblichen Controller-Herstellern sowie Verfügbarkeit entsprechender Gateways von mehreren Herstellern gegeben und nachweisliche Praxis-Referenzprojekte liegen vor.
Marktverfügbares Angebot von konkreten Komponenten: Die für die aufgeführten Anwendungsfälle erforderlichen Sensoren sollten alle als bestellbare Komponente verfügbar sein.
Mess- und Prüfmöglichkeiten: Zur Fehleranalyse sollten Mess- und Prüfgeräte samt Dokumentation zur Anwendung/Bedienung verfügbar sein.
Spannungsversorgung: Der Vorteil funkbasierter Sensoren liegt darin, diese ortsveränderlich positionieren zu können. Dazu ist eine externe kabelgebundene Spannungsversorgung hinderlich. Idealerweise sind Sensoren eigenenergieversorgt; im Falle von Batteriebetrieb ist zumindest ein geringer Eigenenergieverbrauch wichtig.
Verschlüsselung: Datensicherheit und Integrität sollten durch die Unterstützung von Verschlüsselung gewährleistet werden.
Abbildung 1 zeigt die Übersicht von grundsätzlich in Frage kommenden Funkprotokollen. Dabei wurden diese in Bezug auf die zuvor erwähnten Kriterien auf Eignung bewertet und mit Bewertungspunkten versehen (Gering = 0 Punkte; Mittel = 1 Punkt; Hoch = 2 Punkte).
Eine Gewichtung der Kriterien erfolgte nicht – d.h. jedes Kriterium hat eine identische Wertigkeit. Lediglich das Kriterium „Eignung des Frequenzbands“ wurde wie zuvor erwähnt als K.O.-Kriterium deklariert.
Fazit
Der Grad an Automation in Gebäuden nimmt stetig zu. Dabei entwickeln sich ergänzend zur bisherigen Raum- und Anlagenautomation neuartige Mehrwertdienste. Diese wiederum sind auf möglichst viele Daten aus dem Gebäude angewiesen, welche sich besonders einfach über funkbasierte Übertragungsprotokolle bereitstellen lassen. Dazu steht eine Vielzahl an Protokollen zur Verfügung. Welche davon mehr oder weniger geeignet sind, lässt sich nur im Vergleich mit den erforderlichen Anwendungsfällen (den „use cases“) ermitteln.
In dieser Beziehung hat sich ergeben, dass die sogenannten „Wide Area Networks“ für die aktuellen und zukünftigen Anwendungen in Smart Buildings ungeeignet sind. Diese Protokolle haben dann Vorteile, wenn es um die Anbindung von Komponenten im öffentlichen Bereich geht – also dort, wo keine eigene Infrastruktur aufgebaut werden kann. In modernen Gebäuden hingegen ist der Aufbau von eigener Infrastruktur bzw. Einführung von Mesh-Netzwerken kein großes Problem und hinsichtlich der Sensordichte auch sinnvoll.
Unter den damit noch verbleibenden verfügbaren Protokollen ergeben sich weitere Abstufungen. Eine besondere Bedeutung erhält das Kriterium, Komponenten (insbesondere Sensoren) in die Systeme der Gebäudeautomation (d.h. Controller bzw. DDC-Systeme) einbinden zu können. Eine entsprechende Unterstützung für das jeweilige Protokoll durch Hersteller von Controllern hat damit eine hohe Priorität. Parallel ist es zwingend erforderlich, eine hohe Auswahl an Komponenten kommerziell beziehen zu können. Letztlich hat ein eigenenergieversorgender Betrieb, d.h. der Betrieb von Komponenten ohne externe Spannungsversorgung bzw. Batterie, deutliche Vorteile.
Unter diesen Gesichtspunkten konnten für die Protokolle “EnOcean“ und „Z-Wave“ eine jeweils hohe Eignung für die Anwendung in „Smart Buildings“ ermittelt werden. Innerhalb dieser beiden Protokolle erreichte dabei „EnOcean“ einen Mittelwert von 1,9 Punkten gefolgt von Z-Wave mit 1,5 Punkten.
Eine ausführlichere Beschreibung (Steckbriefe der untersuchten Protokolle; genauere Beschreibung der Herleitung der Kriterien sowie Durchführung der Bewertung) ist in einem umfangreichen 44-seitigen Whitepaper beschrieben.
Dieses ist zum kostenlosen Download als PDF verfügbar: